Enrico Lettas Bericht zur Zukunft des Binnenmarkts: Größenwahnsinn oder treffende Analyse?
Enrico Letta präsentiert in seinem Bericht zur Zukunft des Binnenmarkts eine gewisse Parallele zu Jacques Delors, der mit seinem Bericht in den 80er-Jahren den Weg für die Vollendung des Binnenmarkts 1992 ebnete. Doch der Vergleich deutet auf eine leichte Überheblichkeit hin. Lettas Analyse ist im Grunde korrekt. Die Welt hat sich seitdem stark verändert, ebenso die erheblich gewachsene EU. Der Binnenmarkt ist jedoch bei Weitem nicht abgeschlossen, insbesondere ein europäischer Kapitalmarkt fehlt noch gänzlich. Lettas konkrete Vorschläge zur Kapitalmarktunion treffen daher ins Schwarze, stoßen aber auf kontroverse Meinungen. Dies wäre auch bei anderen Themen, wie der indirekten Forderung nach gemeinsamen Schulden, nicht anders.
In einigen Punkten mag Letta recht haben, während seine Forderungen nach neuen EU-Finanzmitteln zum Teil umstritten sind. Letta kann jedoch nicht als zweiter Delors angesehen werden, da das heutige Führungspersonal der EU nicht dieselbe Unterstützung erfährt wie Delors von Kohl und Mitterrand. Doch dies muss nicht zwangsläufig negativ bewertet werden. Es zeigt lediglich, dass Letta trotz innovativer Ansätze nicht die gleiche politische Rückendeckung wie sein historisches Vorbild genießt. Lettas Vorschläge zur Weiterentwicklung des Binnenmarkts und der Kapitalmarktunion sind zweifellos bedeutsam, stellen jedoch nur einen Teilaspekt der komplexen Herausforderungen dar, vor denen die EU steht. Letta hat daher eine wichtige Diskussion angestoßen, die zu weiteren Debatten über die Zukunft der Europäischen Union und ihrer wirtschaftlichen Integration führen wird.
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